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Vor 30 Jahren: Kampf für Stimmrecht

Im Jahr 1990 ist einiges passiert, was die Welt bewegt hat. In Deutschland findet die Wiedervereinigung statt, das Lied «Verdammt ich lieb‘ dich» stürmt die Charts und der Erfolgsfilm «Pretty Women» feiert den Kinostart. Und in der Schweiz wird am 27. November 1990 das Frauenstimmrecht auch im Kanton Appenzell Innerrhoden eingeführt.

Lange hatten sich die Männer des Kantons Appenzell Innerrhoden gegen das Frauenstimmrecht auf Kantonsebene gewehrt. Obwohl schon im Jahr 1971 durch eine Volksabstimmung das Frauenstimmrecht auf Bundesebene eingeführt wurde, dauerte es 20 Jahre, bis eine Frau an der Landsgemeinde in Appenzell Innerrhoden auf kantonaler Ebene abstimmen und wählen konnte. An vorherigen Landsgemeinden wurde das Frauenstimmrecht mehrmals klar von den Männern abgelehnt. Das letzte Mal «Nein» sagten die Appenzeller am 29. Mai 1990. Doch ein paar Appenzellerinnen wollten das nicht auf sich sitzen lassen. Sie gingen bis vor das Bundesgericht in Lausanne und bekamen recht. Das Bundesgericht entschied am 27. November 1990, dass die bestehende Regelung ein Verstoss gegen die eidgenössische Bundesverfassung darstelle und den Frauen das kantonale Stimmrecht zustehe. Im April 1991 durften dann erstmals auch die Frauen im Kanton Appenzell Innerhoden an der Landsgemeinde ihre Hand zur Stimmabgabe heben.

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Kampf für Selbstverständlichkeit

Vor 30 Jahren haben die Appenzellerinnen für etwas gekämpft, was für die heutige Generation schon selbstverständlich ist. Für Vanessa Mettler aus St.Gallen ist es unvorstellbar, dass Frauen nicht wählen und abstimmen dürften. Weil für sie gehört das Mitbestimmen bei politischen Angelegenheiten dazu. «Ich bin so aufgewachsen, dass Frauen und Männer die gleichen Rechte haben. Zwar nicht die gleichen Pflichten wie etwa die Militärpflicht bei den Männern, aber Rechte sollten Frauen und Männer alle die Gleichen haben.» Die 23-Jährige ist schockiert darüber, dass zum Zeitpunkt ihrer Geburt Frauen im Kanton Appenzell Innerrhoden erst sieben Jahre abstimmen und wählen durften. «30 Jahre, das ist noch gar nicht solange her. Ich kann mir vorstellen, dass die Frauen damals lange dafür kämpfen mussten.»

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Es braucht beide Geschlechter

Ähnlich sieht das auch die St. Gallerin Shona Sturzenegger. Für sie ist es unvorstellbar, dass sie nicht wählen könnte. Weil es braucht beide Geschlechter: «Bei gewissen Meinungen unterscheiden sich die Haltungen der Geschlechter extrem. Und da braucht es dann eben beide Geschlechter, welche ihre Meinung äusseren können.». Shona ist es zwar bewusst, dass die Frauen Schweizweit erst seit 1990 politisch mitreden durften, aber «Zu der Zeit haben alle unsere Eltern schon gelebt und das ist ja wirklich nicht lange her. Es sollte selbstverständlich sein, dass Frauen wählen können.»

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Männer sollen nicht alleine entscheiden

Die Goldacherin Alina Engelmann ist ebenfalls schockiert darüber, dass im Kanton Appenzell Innerrhoden die Frauen erst seit 30 Jahren abstimmen und wählen dürfen. «Es ist krass, dass man die Frauen so lange unterdrückt hat. Heutzutage finde ich, dass es selbstverständlich sein sollte, dass Frauen wählen und abstimmen können.» Es soll ja nicht das Ziel sein, dass Männer alles alleine entscheiden, so die 22-Jährige. Auch Alina findet, dass es beide Geschlechter braucht für eine aussagekräftige Meinung. «Beispielsweise beim Vaterschaftsurlaub waren viele Männer in meinem Umfeld eher kritisch eingestellt und hielten das nicht für notwendig», so Alina. Alle drei Stimmbürgerinnen sind sich einig, dass dieser Schritt vor 30 Jahren notwendig war und man heute ein elementares Recht den damals mutigen Appenzellerinnen zu verdanken hat.

Andrina Mettler, 25.11.2020