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Kann ein Festival nachhaltig sein?

Das Wacken Open Air hat acht Hektar Wald gekauft, um sich für den Klimawandel einzusetzen. Dies ist nicht die erste Aktion, welches das Festival unternimmt, um nachhaltiger zu werden. Auch das Open Air St. Gallen bemüht sich seit zehn Jahren, sich für die Umwelt einzusetzen. Doch nützen all die Aktionen überhaupt etwas oder sind sie nur ein Tropfen auf den heissen Stein?

Sie locken jedes Jahr tausende Besucher an und sind uns dieses Jahr leider verwehrt geblieben, die Festivals. Doch neben jeder Menge Bier gibt es auch jede Menge Abfall bei den Open Airs. Deshalb setzen sich viele Festivals vermehrt für Nachhaltigkeit ein und wollen etwas Gutes für die Umwelt tun. Beim Open Air St. Gallen zum Beispiel wird der gesamte Strombedarf durch erneuerbare Energien gedeckt.

«Das ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung»

Yvonne Anliker, Mediensprecherin von Greenpeace, findet jede ressourcensparende Aktion, die ein Festival oder auch jeder andere Veranstalter unternimmt, einen wichtigen Beitrag. Es ginge allerdings nicht nur darum, dass man dann einfach für drei Tage nachhaltig lebt, sondern eigentlich sollte man ja das ganze Jahr schonend mit den Ressourcen umgehen. Auch Klimaexperte Elmar Grosse Ruse vom WWF Schweiz meint, dass erneuerbare Energien ein guter Ansatz sind. Allerdings wäre hier auch wichtig anzuschauen, wo man überall Strom einsparen könnte. Beim Beleuchten oder der Tontechnik gäbe es sicher schon neuere Technologien, die sparsamer im Stromverbrauch wären.

«Es bräuchte viel mehr vegane Menüs»

Bei der Ernährung sind sich die Klimaexperten einig, hier gibt es noch Luft nach oben. Yvonne Anliker meint, dass es viel mehr vegane und vegetarische Angebote bräuchte, da selbst Fleisch aus der Schweiz nicht nachhaltig sein muss. Ausserdem müssten die pflanzlichen Gerichte dann auch billiger angeboten werden. «Wenn man hier noch einen grossen Schritt machen kann, dann könnte man der Umwelt wirklich einen Dienst erweisen.» Elmar Grosse Ruse schlägt in dieselbe Kerbe: «Warum nutzt man nicht mal so ein Festival und lässt die Besucher die richtig gute vegetarische und vegane Küche kennenlernen und es gibt kaum oder gar kein Fleisch.» Grillchampions statt Steak? Richtige Fleischtiger hätten da wahrscheinlich keine Freude, aber für die Umwelt wäre es gut. Doch nicht nur Ernährung sei ein grosser Hebel, den man angehen könnte.

Anreise der Künstler und Künstlerinnen

Wenn man Sänger und Sängerinnen zum Beispiel aus der USA einreisen lassen muss, sei dies gleich ein riesiger Teil der Ökobilanz. «Hier wäre etwas Mut zur Lücke schön», meint der Klimaexperte. Man könnte vermehrt lokale Künstler auftreten lassen oder zumindest Musiker aus Nachbarländern einladen, welche nicht mit dem Flugzeug anreisen müssten. Dies wäre auch ein grosser Schritt Richtung Nachhaltigkeit.

Nachhaltig oder Greenwashing?

Ob den Festivals nun wirklich die Umwelt am Herzen liegt, oder ob sich nachhaltige Massnahmen einfach gut vermarkten lassen, ist schwer einzuschätzen. Allerdings sollte die Vermarktung hier zweitrangig sein. Wichtig sei, dass die Festivals sich auf die grossen Bereiche konzentrieren und nicht Kleinkram machen und sich damit schmücken, findet Elmar Grosse Ruse. Wer aber wirklich etwas für die Umwelt tun will, schaut auch im Rest vom Jahr, dass er nachhaltig lebt.

Annabelle Wiebach, 14.10.20